Nachwuchsgruppe AGH
In den letzten Jahren hat sich unter der Leitung von Simon Ziegler und Jan Streiff in der AGH eine aktive und leistungsstarke Nachwuchshöhlenforscher-Gruppe, bestehend aus 12 Höhlenforschern im Alter von 14 – 22 Jahren gebildet. Ausserdem wurden wir immer wieder auch von Höhlenforschern der «älteren» Generation begleitet und unterstützt. Seit zweieinhalb Jahren sind wir nun ein genügend eingeschweisstes Team, um sehr lange Touren mit entsprechenden Erfolgen durchführen zu können. Im nachfolgenden Bericht wurden unsere grössten Erfolge der letzten 3 Jahre in der Region Hölloch und Umgebung zusammengefasst.
In unserem Stammgebiet, dem Hölloch, sind die Neulandmeter mittlerweile schwer zu erkämpfen, da die Fortsetzungen häufig mit langen Anmarschwegen, grossem Materialaufwand und ernsthaften Engstellen verbunden sind. Trotzdem konnten wir in den letzten 2.5 Jahren während einer Winter-EX und rund 25 Wochenendvorstössen gut 3 km Neuland vermessen. Auch in der Nachvermessung waren wir mit 1'600 m aktiv. Das Neuland entdeckten wir überwiegend im Hochsystem, insbesondere in den Gebieten Mäandergang-Mückenmäander, Blasrohr, Zauberpfad, Schwarzgang, Berlinerschlucht, und Kolkgang-Nord. Diese Regionen sind extreme Gebiete mit sehr langen Anmarschwegen, veritablen Engstellen und vielen Vertikalmetern. Dies führt dazu, dass hier ein Vorstoss häufig mehr als 18 Stunden dauert. Während die Gebiete Mäandergang und Blasrohr weitestgehend abgeschlossen sind, gibt es in der Berlinerschlucht und im Kolkgang noch viele Fortsetzungen. Ausserdem beschäftigt uns seit Anfang 2022 auch die Nachvermessung des gesamten Schwarzgangs.
Während den Sommer- und Herbstmonaten führen wir jeweils mehrere Forschungslager und Wochenendvorstösse im Karstgebiet der Charetalp durch. Dort herrscht mit einem Höhenunterschied von mehr als 1'500 m (Rot Eggen – Karstquelle Seeberg) ein gewaltiges Potenzial, einziger Haken ist der gut 3-stündige Zustieg. Auch die hohe Dichte an Vertikalabschnitten, der damit verbundene Materialaufwand und die erforderlichen Technikkenntnisse erschweren die Forschung.
Im Sommer 2021 konnten wir in unserem grössten Objekt, dem BAL 302, einen dritten Eingang aufgraben. Dies ermöglichte uns in diversen Fortsetzungen 2.5 km Neuland zu vermessen, was zur ersten Riesenhöhle auf der Charetalp führte.
Unser bisher grösstes Forschungscamp, führten wir im Sommer 2022 durch. Im BAL waren in erster Linie Aufräumarbeiten angesagt, so schlossen wir den ganzen westlichen Teil und die erste Schachtzone ab. Ein wichtiger Erfolg war die vermessungstechnische Verbindung mit dem benachbarten P13. Das so entstandene Höhlensystem hatte Ende 2022 eine Gesamtlänge von 9’053 m und trägt den Namen Rot-Eggen-System (RES). Mit der «Hoffnigs-Kluft», welche an die Südkluft anschliesst, entdeckten wir ein neues Gebiet, welches endlich, wenn auch bisher nur wenig, unter die störenden Schichten in diesem Gebiet führt. Somit hat das RES einen neuen tiefsten Punkt von 1’871 m, also eine Höhendifferenz von -347 m - und es geht weiter!
Neben den Touren im BAL, prospektierten und vermassen wir diverse Oberflächenhöhlen. Im Herbst 2022 wurde ein viertägiges Forschungscamp mit vier Teilnehmern durchgeführt. Dabei konnten 12 neue Oberflächenschächte kartographiert und der Datenlogger aus der zweiten Schachtzone heraufgeholt werden. Insgesamt nahmen wir im 2022 auf der Charetalp 4'160 m Neuland auf, davon 2'797 m im BAL. Ziele für nächste Saison sind das Aufsprengen der Verbindung AP0641-P13, um einen viel schnelleren Zugang in den P13 zu erhalten und in der Hoffnigs-Kluft weiter in die Tiefe vorzudringen. Daneben gibt es noch genügend Abzweiger anzuschauen und hunderte Oberflächenschächte zu vermessen.
Unser neuster Hoffnungsträger, das Muschelloch, befindet sich im Karstgebiet der Silberen. Hier wurde in den letzten 10 Jahren von der älteren Generation mit viel Aufwand und Einsatz ein neuer Eingang geöffnet, welcher den Anmarschweg um 4 Stunden verkürzt. Wir durften nun die Höhle übernehmen, was uns aufgrund der grossen und angenehmen Fortsetzungen enorm freute. So konnten wir Ende Sommer 2021 mit grossem Elan anfangen. In 10 Wochenendvorstössen und einer 5-tägigen EX konnten wir bis Ende 2021 5.5 km Neuland vermessen, was in einer gesamthaften Länge von mehr als 10 km resultierte. Die Hauptfortsetzung im Nordosten besteht aus einem kluftartigen Gang mit grossem Bach, welcher zu grossen Teilen im Drusberg liegt. Das meiste Neuland vermassen wir aber in uralten und grossräumigen phreatischen Gängen, welche das Urniveau der Höhle bildeten.
Auch im 2022 waren wir erfolgreich im Muschelloch unterwegs. Besonders hervorzuheben sind zwei Touren im Frühling, während welchen wir in der Fortsetzung des Velowegs einen riesigen Kluftgang entdeckten und erforschten, den wir «Jammertal» nannten. Über zwei brüchige Kletterstufen gelangten wir in einen gewaltigen Gang mit ähnlichen Dimensionen wie bei der Muschelhalle. Weiter oben zweigt die "Kei-Ahnig"-Kluft ab, welche eine offene Fortsetzung in Richtung Iglu-Schacht hat. Folgt man dem Jammmertal, gelangt man durch eine «Engstelle», bei welcher man sich sogar bücken muss, in den Schlotterbeck. Nach einem schönen Gangabschnitt entdeckten wir einen 70 m hohen Schlot, welchen wir noch nicht erklommen haben. Nach diesem Schlot wird der Schlotterbeck leider nass und eng. Ein bemerkenswerter Abzweiger am Beginn des Schlotterbecks ist der Deckelgang, welcher nur durch einen kleinen Versturz von einer Oberflächenhöhle getrennt ist. Hier wäre mit etwas Aufwand ein neuer Eingang möglich.
Gangabwärts heisst das Jammertal Jammerlabyrinth. Die Gänge sind im Drusberg, kleindimensioniert und hochwassergefährdet. Im untersten Teil dieses Gebietes richteten wir einen 32 m hohen Schacht ein. Durch diesen fliesst der gesamte Bach des Jammertals, so ist er dementsprechend sehr hochwassergefährdet. Im unteren, anschliessenden Mäander trafen wir auf 1’722 m leider auf einen Siphon. Die Hoffnung auf eine Fortsetzung bleibt allerdings bestehen, da im Schacht mehrere fossile Gänge abzweigen und so eine Siphonumgehung ermöglichen könnten.
Neben dem Jammertal forschten wir auch oberhalb der Muschelhalle, im Schlotland, im Vergesslichen Mäander, im Madonnagang, im Güllepark, im Muschelgang, im Pilz- bzw. Dielergang und im Biwakgang. Besonders zu erwähnen ist die grosse Abzweigung gleich beim MB1, welche zu einem komplett neuen Höhlenteil führen könnte. Dortiger Endpunkt ist momentan ein grossräumiger Schacht.
Im Muschelloch durften wir zwischen Mai und Oktober 2022 in 6 Vorstössen insgesamt 3.8 km Neuland vermessen. An Fortsetzungen mangelt es uns hier glücklicherweise noch nicht, trotzdem müssen die Neulandmeter mittlerweile schon etwas härter erkämpft werden, da die Anmarschwege länger, der Materialaufwand grösser und die Gangquerschnitte immer kleiner werden.
Von diesen wunderbaren Entdeckungen und erlebnisreichen Touren beflügelt, freuen wir uns auf die zukünftigen Höhlen- und Entdeckungsfahrten. Junge Höhlenforscher sind jederzeit willkommen sich auf eine Tour mit uns einzulassen!
Kontakt:
AGH Gruppe Nachwuchs: Simon Ziegler, Jan Streiff, Sebastian Pingel, Ivan Wipfli, Ben Betschart, Flurin Lüthi, Flurin Ambauen, Patrick Iff, Manuel Gartmann, Matthias Gartmann, Sorin Schmassmann und Nico Amstutz.